Scheiß Schule

Neues Jahr, neue Vorsätze.
Ich dachte mir, es wäre mal wieder an der Zeit, hier etwas über mein Mamadasein zu schreiben.

So viel vorweg: läuft ganz gut. Ups and Downs. Mal mehr Lust drauf, mal weniger. Mal voll die gute Mama, dann wieder etwas verbesserungsbedürftig.
Inzwischen ist unsere Tochter sieben Jahre alt. Seit September 2019 geht sie in die Schule – und das lief doch anders, als wir uns erhofft hatten.

Eigentlich hört man das ja eher so: im letzten Kindergartenjahr – oder spätestens in den Sommerferien vor dem ersten Schuljahr – sind die Kleinen ganz heiß darauf, endlich in die Schule zu kommen. Sie wollen groß sein, Schreiben und Lesen lernen und mit ihren Schulränzen stolz an den „kleinen“ Kindergartenkindern vorbeilaufen und dabei die Nase etwas höher tragen. Joa, nicht so unsere Tochter. Die hatte mal so gar keinen Bock. Und das, obwohl wir noch ein ganzes Jahr gewartet hatten und sie statt mit sechs, erst mit sieben Jahren eingeschult haben.

Drei Wochen lang gab es jeden Morgen Tränen, dazu ein Scheiß-Schule-Mantra und für mich das unglaublich ungute Gefühl, mein Kind so losschicken zu müssen. In eine Situation, die ich selbst nur noch wenig kontrollieren kann. Erschwerend hinzu kam der einseitige Informationsaustausch: aus Mila habe ich beinahe nichts herausbekommen. Auf Fragen wie „was habt ihr heute gemacht?“, kam ein knappes „weiß ich nicht“ zurück. Wenn ich wissen wollte, wie sie die Klassenlehrerin findet, kam ein kurzes „doof“, ohne weitere Begründung. Das hat mich MAXIMALST nervös gemacht! Es war der erste wirkliche Kontrollverlust, den ich in meiner Mutterkarriere hinnehmen musste.

Im Kindergarten gab es beim Abholen immerhin noch einen kurzen Rapport, eine Zusammenfassung des Tages, dazu eine Information zur Nahrungsaufnahme und Aufklärung über eventuelle außerplanmäßige Vorkomnisse. Zudem war das ganze freiwillig. Und plötzlich ist da die Schulpflicht, sind da 26 Kinder in einer Klasse, die miteinander auskommen müssen und nicht mehr zwischen Bauecke und Puppenparadis wählen können, sondern dem Stundenplan folgen müssen. Ist da eine Klassenlehrerin, der man höchstens mal ein „Hallo“ zugeworfen hat und die mit ihren Kollegen kein Kind mehr auf den Schoß nimmt, um es zu trösten, wenn es nötig wäre. Die Kids sind auf sich alleine gestellt, müssen klar kommen, ohne Rücksichtsnahme und ohne Bezugsbetreuer, ohne Auszeit auf dem Schoß. Und die Eltern müssen genau damit klar kommen. Fiel mir gar nicht mal so leicht.

Hinzu kam erschwerend, dass Mila anfangs scheinbar noch etwas Probleme mit den neuen Regeln hatte. Gleich in der zweiten Schulwoche ist sie mit zwei anderen Mädels aus der Nachmittagsbetreuung abgehauen. Ich erhielt plötzlich einen Anruf von einer Mutter, die mir sagte, dass die drei Damen gerade vor ihrer Haustüre standen und sie diese jetzt mal wieder schön zurück in die Schule gebracht hat. Dort war bereits der Teufel los, da das Verschwinden  – für mich sehr beruhigend – bemerkt wurde.

Abends dann auf den Ausbruchsversuch angesprochen und mit ruhiger Stimme erklärt, warum sie das NIE WIEDER machen dürfen, was alles hätte passieren können, meinte Mila: „Wir wollten doch nur Süßigkeiten kaufen und vorher noch bei Ronja Geld holen.“ – das war ziemlich süß und ich musste enormst gegen ein in mir aufkommendes Lachen ankämpfen, wegen der durchaus ernsten Situation und Herr der Lage und so…

Ein anderes Mal schrieb mir abends eine Mama per WhatsApp, ob Mila mir erzählt hätte, dass die Mädels (ja, die gleichen, die auch beim Ausbruch beteiligt waren) das Klo putzen mussten und ob ich wüsste warum? Natürlich wusste ich von nichts! Der bisherige Informationsaustausch verlief auch an diesem Abend wieder sehr einseitig. Mein Allwissen überraschte meine Tochter sichtbar… und dank meines hartnäckigen Nachfragens und der Geduld, die ich an diesem Abend aufbringen konnte, kam ich der Sache immer mehr auf die Schliche:

Die Ladies hatten eine Klo-Bande gegründet (tatsächlich wusste ich davon). Neben den gemeinsamen Ausflügen auf die Toilette, hangelten sie sich dort auch immer mit vollem Körpereinsatz auf eine Ablage unterhalb des Fensters (ja, ich hatte gesagt, dass das keine gute Idee ist und sie das doch bitte nicht mehr machen sollte – hat dann wohl nicht gewirkt).

Da man als Bande immer etwas Neues aushecken muss, um für alle Mitglieder attraktiv zu bleiben, hatte eines der Mädels die Idee (und mein Kind versicherte mir mehrmals, dass es NICHT IHRE war), man könne von dieser Ablage doch auch wunderbar ins Klo hinunter pinkeln. Hat dann aber gar nicht mal so gut geklappt und als sie bei ihrer Pinkelorgie erwischt wurden und das ganze Ausmaß sichtbar wurde, finde ich es nur gerecht, dass sie ihre Schweinerei auch wieder wegmachen mussten. Cool nur, dass wir Eltern über den Vorfall beim Abholen der Kids so gar nicht informiert wurden…

Nachdem ich also mit meiner Tochter in vier Wochen schultechnisch das durchgemacht habe, womit ich erst in etwa acht Jahren gerechnet hatte, hat sich inzwischen eigentlich alles ganz gut eingegroovt. Die Tränen am Morgen sind getrocknet, die Klo-Bande ist Geschichte, in die Lehrerin ist sie jetzt „verknallt“ (so wie jede Woche in einen neuen Mitschüler) und auch wir Eltern erfahren aus Milas Mund, was der Tag so gebracht hat (dafür geben wir ihr aber Zeit, da direktes Nachfragen nix bringt. Meistens blubbert es spätestens beim gemeinsamen Abendessen aus ihr heraus).

Wie so oft kann ich rückblickend sagen, dass die neue Schul-Situation nicht nur von unserer Tochter, sondern auch von uns und vor allem von mir (mein Mann ist da einfach meistens und Gott sei Dank tiefenentspannt) einiges abverlangt hat. Ich bin davon überzeugt, dass Mila gespürt hat, dass mich der Schulanfang auch super nervös gemacht hat. Dass ich Angst um sie hatte, ob sie mit der neuen Situation zurechtkommt und sich meine Angst und Unsicherheit auf sie übertragen hat (dieses Antennendings).

Und weil Kinder Struktur brauchen und diese in neuen Situationen erst wieder neu lernen müssen, war der Start ins erste Schuljahr für uns eben etwas holprig, wurden Regeln noch nicht gleich kapiert und waren neue Freundschaften mit aufregenden Bandentreffs spannender als Lesen und Schreiben lernen. Ich bin gespannt, was dann in acht Jahren so passiert…

 


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